Wer vorne fliegt ist einsam, denn er sieht die anderen
nicht, die ihm folgen.
Es sind Wegesucher, Pfadfinder, Bergführer, alte Zugvögel,
welche die Route kennen, weil sie sie schon hundert mal geflogen sind. Sie
fliegen vorne weg in einsamen Höhen im blinden Vertrauen, ihr Ziel irgendwann
zu erreichen. Wer hinterher fliegt fühlt
sich geborgen, gut aufgehoben, weil da ein anderer ist, der den Weg kennt, man
kann die Verantwortung ein Stück weit los lassen und sich den Gegebenheiten
anvertrauen. Das erleichtert und gibt Sicherheit.
Doch, was ist, wenn es keinen mehr gibt, der vor ihnen
fliegen kann, weil keiner den Weg so gut kennt, wie sie selbst – dann werden
sie einsam. Aber sie sind nur Menschen, fehlbar und sterblich. Selbst der geübteste Flieger kann sich irren und auch er geht dem Tod entgegen, wie
jedes lebende Wesen. Auch er kennt die Angst und dann ist da niemand, der vor
ihm fliegt und den Weg weist, kein Bergführer, der sicher das Seil in der Hand
hält und einem sagt, wohin man treten muss. Sie verankern ihre Seile selbst in
den steilen Wänden, tragen die Verantwortung alleine und sind sich darüber
bewusst. Da weht ein eisiger Wind in diesen Höhen und wer friert muss warten,
bis es wieder warm wird.
Sie wissen es, wissen um die rasch wechselnden und harten
Klimabedingungen und dennoch, sie gehen weiter, fliegen, auch wenn die Kräfte
nachlassen, denn, was sonst sollten sie tun. Wer vorne fliegt, tut es, weil er
es muss und er muss es, weil er es kann.
In einem Flug über den Ozean hält man nicht einfach an, das
würde den Tod bedeuten, also, fliegt man, solange, bis man sein Ziel erreicht
hat.
Es waren die Flüge, die harten Bedingungen selbst, die sie
zu dem gemacht haben, was sie sind – Pioniere des Lebens.
Weit ab vom Trivialen wandern sie, die Heiler, die Helfer,
die Philosophen, die Künstler, die Forscher und Erfinder und viele viele
andere. Trotz ihrer großen Anzahl sieht einer oft den anderen nicht, weil sie
im Nebel fliegen müssen.
Das Einzige was bleibt ist der Glaube, die Gewissheit dieser
inneren Stimme folgen zu müssen. Sie allein erzählt diese wahrhaftige
Geschichte vom ewigen Leben der Seele und dem Sinn ihres Seins.
Irgendwann, wenn man lange genug alleine geflogen ist, wird
man bescheiden. Es macht sich Dankbarkeit breit, dafür, dass man an einem
unendlichen Bewusstsein teilhaben darf und seine Sinnesorgane nutzen kann um
dieses Leben wahrnehmen zu können. Denn unsere Wahrnehmung macht uns zu dem,
was wir sind. Und wir können uns sicher sein, dass wir längst nicht alles
wissen und nicht jede Fähigkeit nutzen, die noch im Verborgenen liegt.
Es ist völlig gleich, welches Gewand wir in diesem Leben
tragen, welch einer Tätigkeit wir nachgehen, in jedem unserer Augenblicke
können wir wahrhaftig SEIN.
Eindruck und Ausdruck sind die beiden Kräfte, die uns auf
unseren Flügen nach vorne treiben, und der Verarbeitungsprozess im Inneren ist
das Feuer, welches in unserem Motor brennt. Jeder Tag, an dem wir diese
Erkenntnis wie ein rettendes Serum durch unsere Adern pumpen, ist ein
besonderer Tag.
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